Interview mit Ralf Steinborn, Abteilungsleiter Gebäudemanagement und Nicole Langanki, Bereichsleiterin Studentisches Wohnen

Gleich drei große Baumaßnahmen begleiteten das Studierendenwerk Dortmund auch im Jahr 2022. Der Neubau der Wohnanlage Im Alten Holz in Hagen sowie die umfassenden Modernisierungsmaßnahmen der Wohnanlage Baroper Straße und der Wohnanlage im Vogelpothsweg 82-104 in Dortmund. Die Neubau- und Modernisierungsmaßnahmen starteten teilweise bereits 2021. Welche Schwierigkeiten und Hürden es während der Umsetzung der Maßnahmen gab, darüber sprachen wir mit Ralf Steinborn, Abteilungsleiter Gebäudemanagement und Nicole Langanki, Bereichsleiterin im Studentischen Wohnen.

Was können Sie über die derzeitigen Baumaßnahmen berichten? Wie ist der aktuelle Stand der Dinge?

Ralf Steinborn: Wir wickeln drei große Baumaßnahmen ab, die gerade auch vor dem Hintergrund der allseits bekannten Entwicklungen auf dem Baumarkt wie Preiserhöhungen bei Baumaterialien aber auch Lieferschwierigkeiten, eine besondere Herausforderung darstellen. Die Umsetzung der Maßnahmen erfolgt auf der Grundlage der Studierendenwohnheimbestimmungen und werden entsprechend vom Land NRW gefördert.

Wir modernisieren die Wohnanlage in der Baroper Straße derzeit umfassend. Hintergrund war die Notwendigkeit, die gesamte Gebäudetechnik, wie Elektroleitungen, Heizungs- und Wasserleitungen zu erneuern. Es entstehen moderne helle Apartments, die auch mit neuen Möbeln ausgestattet werden. Den ersten Bauabschnitt konnten wir im September 2022 fertigstellen. Insgesamt sind 153 Einzelapartments entstanden, die bereits voll vermietet sind. Darüber hinaus stehen nun zwei Gemeinschaftsräume zur Verfügung, die jeweils mit einer Küchenzeile eingerichtet sind und den Studierenden für gemeinsame Freizeitaktivitäten zur Verfügung stehen. Einer der Gemeinschaftsräume wurde zudem als Lernraum mit umfassender Technik ausgestattet. Hier bieten wir den Studierenden die Möglichkeit, zum Beispiel Gruppenarbeiten durchzuführen oder auch gemeinsam an Online-Veranstaltungen teilnehmen zu können. Der zweite Bauabschnitt ist nun in vollem Gange und wir gehen davon aus, dass die Fertigstellung im ersten Quartal 2024 erfolgt.

Das zweite Projekt ist die Modernisierung der Wohnanlage im Vogelpothsweg 82-104. Hier wird der erste Bauabschnitt voraussichtlich in diesem Sommer abgeschlossen sein, so dass die Apartments dann noch vor dem Wintersemester bezugsfähig sein werden. Bei dieser Wohnanlage waren zwingend Modernisierungsmaßnahmen notwendig, da auch hier die Gebäudetechnik stark veraltet war und teilweise noch aus den 1980er Jahren stammte. Wasser- und Abwasserleitungen aber auch Heizungsleitungen mussten komplett erneuert und auf den aktuellen Stand der Technik gebracht werden.

Durch die zunehmend wärmeren Sommermonate ist mittlerweile ein Wärmeschutz bei derartigen Maßnahmen zum Standard geworden. Die neuen Fenster wurden deshalb mit elektrisch steuerbaren Außenrolladen versehen. Zum besseren Lärmschutz sind die bestehenden Innentüren gegen moderne Schallschutztüren ausgetauscht worden. Insgesamt sind in der Planung eine Vielzahl von Nachhaltigkeitsaspekten berücksichtigt und umgesetzt worden. Auch hier haben wir in den Apartments einige Veränderungen vorgenommen, sodass moderne und helle Apartments entstehen werden. Dafür wurden beispielsweise Bodenbeläge ausgetauscht, Wände neu gestrichen und die Bäder erneuert. Der zweite Bauabschnitt, der dieselben Maßnahmen umfassen wird, startet im Juni 2023.

Das dritte und umfangreichste Projekt ist sicherlich der Neubau unserer Wohnanlage in Hagen, der uns vor große Herausforderung stellte und stellt. Aus wirtschaftlichen Gründen war es sinnvoller die bestehende Wohnanlage abzureißen und durch einen Neubau zu ersetzen. Der erste Bauabschnitt mit 44 Wohnplätzen wird Anfang September 2023 fertiggestellt, sodass die ersten Studierenden noch vor Beginn des Wintersemesters ihr neues Zuhause beziehen können. Es entstehen Einzelapartments und Zweier-WGs, die modern und mit dem neusten Stand der Technik ausgestattet sind. Weiterhin sind auch einige rollstuhlgerechte Apartments entstanden. Überhaupt kann man die Wohnanlage in Hagen derzeit als unser Vorzeigeobjekt bezeichnen.

Vorzeigeobjekt? Wie darf man das verstehen?

Ralf Steinborn:
Wir bauen in Holz-Hybrid-Bauweise, das heißt wir verwenden Holz, Beton sowie Stahl und vereinen damit die jeweiligen Stärken der einzelnen Baustoffe. Dies ist unser Beitrag für eine ressourcenschonende Bauweise. In der neuen Wohnanlage kommt an vielen Stellen innovative und zugleich nachhaltige Technik zum Einsatz. Zum Beheizen wird eine Luft-Wärme-Pumpe genutzt sowie Solarthermie – dabei wird Sonnenenergie in Wärme umgewandelt. Die Spitzenabdeckung in besonders kalten Phasen übernimmt eine moderne Gas-Brennwert-Anlage. Dezentrale Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung werden ebenfalls in den Wohnungen installiert. Hierbei wird die Abwärme der verbrauchten Luft genutzt, um frische Luft aufzuwärmen. Unsere Energie beziehen wir hauptsächlich aus einer kombinierten Photovoltaik-Solarthermie-Anlage. Diese produziert neben Strom auch warmes Wasser.

Mit einem Gründach schaffen wir darüber hinaus ein angenehmeres Gebäudeklima. Außerdem hilft diese Art der Dachbegrünung, Energiekosten für Heizung oder Klimaanlage einzusparen und die Dachabdichtung wird vor Wettereinflüssen geschützt. Derartige Dächer halten teilweise doppelt so lange wie konventionelle Flachdächer. Alles in allem haben wir bei dieser Wohnanlage zahlreiche Möglichkeiten des nachhaltigen Bauens und einer besonders energiesparenden Versorgung ausgeschöpft. Dies lässt sich in der Regel allerdings häufig nur in Neubauten in diesem Umfang realisieren.

Bei der neuen Wohnanlage in Hagen haben wir zahlreiche Möglichkeiten des nachhaltigen Bauens und einer besonders energiesparenden Versorgung ausgeschöpft.

Ralf Steinborn, Abteilungsleiter Gebäudemanagement

Corona, der Krieg in der Ukraine, Kostenexplosion – viele Gründe führten dazu, dass die Baubranche aktuell mit vielen Schwierigkeiten zu kämpfen hat. Wie hat sich das auf unsere Maßnahmen ausgewirkt und welche Probleme sind darüber hinaus aufgetreten?

Ralf Steinborn:
Nicht erst seit Beginn des Krieges in der Ukraine hatten wir mit besonderen Anforderungen auf unseren Baustellen zu tun. Die Schwierigkeiten waren zunächst einmal noch auf die Corona-Pandemie zurückzuführen. Krankheitsbedingte Ausfälle bei Zulieferfirmen und Handwerksbetrieben führten zu erheblichen Verzögerungen sowohl bei der Materiallieferung als auch bei der Ausführung der Arbeiten. Man muss dazu sagen, dass bei Baumaßnahmen schon eine Bauverzögerung bei einem Gewerk bereits fatale Auswirkungen auf sämtliche Folgegewerke haben kann. Teilweise hatten wir das Material bereits erhalten, aber die Firmen hatten keine Handwerker, die es verbauen konnten. Der Krieg hat die Situation dann noch einmal verschärft. Nicht nur, dass das Baumaterial knapp wurde, auch die damit einhergehende explodierende Preisentwicklung sorgte dafür, dass wir teilweise noch einmal neu planen und alternative Materialien für die Ausführungen suchen mussten. Flexibilität ist in jedem Bereich gefordert und Planänderungen sind aktuell fast an der Tagesordnung. Dies führt natürlich auch zu erheblichen Verzögerungen und nicht zuletzt zu erheblichen Kostensteigerungen.

Die drei Projekte haben mittlerweile Verzögerungen von sieben bis zu zwölf Monaten. Durch die daraus resultierenden Mietausfälle schnellen die Kosten noch weiter in die Höhe. Nicht ohne Grund liest man derzeit immer wieder, dass selbst große Wohnungsgesellschaften Neubauten zunächst einmal zurückgestellt haben.

Trotz aller Widrigkeiten bin ich im Moment zuversichtlich, dass wir die Maßnahmen zu den neu geplanten Terminen abschließen und die Studierenden dann in ihr neues Zuhause einziehen können.

Corona hat vieles verändert. Das Studium läuft wieder größtenteils vor Ort. Welche Veränderungen sind aus Ihrer Sicht zu spüren?

Nicole Langanki:
Während der Corona-Pandemie war die Nachfrage nach Wohnplätzen teilweise zurückgegangen. Das Studium verlief fast ausschließlich digital und vor diesem Hintergrund brauchten die Studierenden auch keinen Wohnplatz auf dem Campus. Die Belegung der Wohnplätze blieb gleichwohl konstant hoch, da es bei vielen Studierenden zu einer Verlängerung der Studienzeit und somit auch zu einer längeren Mietdauer kam. Glücklicherweise hat sich dies in der Zwischenzeit geändert und wir sind nun froh, dass sich die Lage wieder normalisiert hat. Wir verzeichnen seit Beginn des Wintersemesters 2022/23 wieder eine ähnlich hohe Nachfrage wie vor der Pandemie. Die aktuelle Auslastung liegt bei rund 98 Prozent und die Nachfrage nach Wohnplätzen überschreitet derzeit unsere Angebotsmöglichkeiten. Im Augenblick beträgt die Wartezeit bei einem Einzelapartment durchschnittlich 6-8 Monate und bei einem Platz in einer WG rund 5-6 Monate.

Wir sind froh, dass sich die Lage wieder normalisiert hat und die Nachfrage wieder gestiegen ist.

Nicole Langanki, Bereichsleiterin Studentisches Wohnen

Hat es aufgrund der Pandemie hinsichtlich Ihrer Arbeit und der Abläufe in den vergangenen Jahren Veränderungen gegeben? Hat sich etwas davon als besonders hilfreich herausgestellt, dass Sie gern beibehalten möchten?

Nicole Langanki
: Die Auswirkungen Corona-Pandemie mit allen gesetzlichen Einschränkungen haben dazu geführt, dass wir kurzfristig Lösungen finden mussten, wie wir trotz aller Einschränkungen die Bedürfnisse der Studierenden erfüllen konnten. Die Erweiterung der telefonischen Sprechstunden, sowie Abläufe, die wir digitalisiert haben, halfen uns dabei, weiterhin den so wichtigen Kontakt zu den Studierenden aufrechtzuerhalten.

Im Nachhinein können wir sagen, dass diese Umstellungen zu nachhaltigen Veränderungen geführt haben. Die Arbeit mit den Studierenden hat gezeigt, dass sie es als sehr vorteilhaft empfinden, vieles digital oder auch telefonisch abwickeln zu können, ohne persönlich in die Sprechstunde kommen zu müssen.

Auch für uns als Beschäftigte ergaben sich durch die Corona-Pandemie viele Veränderungen und Umstellungen. Wie in vielen anderen Branchen auch, war ein Umdenken in den Arbeitsabläufen erforderlich, um weiterhin eine optimale Bearbeitung leisten zu können, wurde unter anderem auch die Möglichkeit des Mobilen Arbeitens ausgeweitet.

Wie sehen denn die Perspektiven in Ihrem Bereich aus? Welche Projekte sind in naher und auch in entfernter Zukunft geplant?

Nicole Langanki
: In naher Zukunft werden wir ein sehr wichtiges Projekt, an dem wir schon seit längerer Zeit arbeiten, realisieren können. Um es den Studierenden noch einfacher zu machen und um weitere Abläufe zu beschleunigen, wird eine neue Software eingeführt. Damit soll künftig der Austausch zwischen Mieter*in und uns über ein CRM Portal (Customer-Relationship-Management) oder eine App möglich sein. Studierende können dann Vieles direkt mit ihrem Smartphone erledigen. Dazu gehören Dinge wie Schadensmeldungen, Änderungen der Bankdaten, das Hochladen der aktuellen Studienbescheinigungen und vieles mehr. Durch die weitere Digitalisierung wollen wir unseren Service für die Studierenden erweitern.

Ralf Steinborn: Im Bereich der Baumaßnahmen arbeiten wir derzeit ebenfalls an zahlreichen neuen Projekten. Da unsere Wohnanlagen teilweise 30 bis 40 Jahre alt sind, sind künftige Modernisierungsmaßnahmen unausweichlich. So prüfen wir aktuell für die Wohnanlage Am Gardenkamp 53-55 die Möglichkeiten einer umfassenden Modernisierung. Auch die Wohnanlagen in Iserlohn stehen auf der Modernisierungsliste weit oben. In welcher Form dies geschehen wird oder ob auch hier evtl. neu gebaut werden muss, ist noch offen.

Neben den Modernisierungsmaßnahmen denken wir aufgrund der gleichbleibend hohen Nachfrage auch über die Neuschaffung von bezahlbarem Wohnraum an allen unseren Standorten nach. So sind wir derzeit beispielsweise mit dem Stadtplanungsamt Dortmund in Gesprächen, einen Bebauungsplan für das Grundstück hinter unserer Wohnanlage Emil-Figge-Straße 3-11 aufzustellen. Schätzungsweise könnten auf dieser Fläche 400 bis 450 neue Wohnplätze entstehen. Ebenfalls suchen wir gemeinsam mit der Stadt Soest geeignete Baugrundstücke.

Sollte ein adäquater Bebauungsplan realisiert werden und sollten uns durch ein entsprechendes Förderprogramm Mittel zur Verfügung gestellt werden, damit sich die Mietpreise der Wohnplätze nicht am privaten Wohnungsmarkt orientieren müssen, könnten weitere Vorhaben umgesetzt werden.

Übersicht über die Kostensteigerungen

Bei den aktuellen Baumaßnahmen ist es zu erheblichen Kostensteigerungen gekommen. Die nachfolgende Übersicht beruht auf den Ausgangsberechnungen zum Projektstart 2020.

Baumaßnahme Kostensteigerung Prognose
Hagen 36,26 % bis zu 40 %
Baroper Straße 8,18 % bis zu 15 %
Vogelpothsweg 22,2 % bis zu 25 %

Überblick Studentisches Wohnen

Wohnplätze 2022:
2.824

Neueinzüge:
1.777

Auszüge:
1.160

Beratungsgespräche:
8.320

Bewerber*innen auf der Bewerberliste (31.12.2022):
1.689

Verlängerung Mietverhältnisse:
618

Untermietverträge:
74

Bevorzugte Wohnform im Ranking

1) Einzelapartment

2) Einzelapartment oder Zimmer in einer WG

3) Zimmer in einer Zweier-WG oder Dreier-WG

Die aktuellen Baumaßnahmen des Studierendenwerks